Der Architekt


An architect must use round wheels,

and he must make his doorways bigger than people.

But architects must learn that they have other rights…

their own rights.

To learn this, to understand this,

is giving the man the tools for making the incredible, […]¹

Architekten, die unterschiedlichste Gedanken verknüpfen, die über den Tellerrand blicken und dort kreative Lösungen finden, die sich auf ihre Projekte einlassen und Qualitäten erkennen, Technik und Kunst vereinen. Sie stellen immer noch die Idole unserer Profession dar. Auch auf der TU Graz gibt es gleich zwölf Institute, zwischen denen jeder Student wählen kann, um idealerweise eine breite Basis zu schaffen und individuelle Präferenzen zu berücksichtigen. Jedes Institut hat in diesem Ensemble die Aufgabe, seinen Themenschwerpunkt bestmöglichst zu vermitteln und gängige Strömungen kritisch zu hinterfragen. Als Architekturstudent kann man so auf fundiertes Wissen an den jeweiligen Instituten zurückgreifen und sich frei in eine Richtung entwickeln, sich erst nach und nach für einen Schwerpukt entscheiden. Selbstständigkeit in Handeln und Denken muss in diesem Prozess kontinuierlich unterstützt werden, der Architekturstudent dabei ein vernetztes Wissen entwickeln. Schließlich ist der Architekt später im Baugeschehen, derjenige Akteur, der die Position der Baukultur vertritt; und genau an dieser Stelle kommt die Universiät ins Spiel. Sie bietet den Raum, um jeden Studenten mit – wie es Lina Bo Bardi einmal 1958 in einem Manuskript für einen Kurs an der Universität von Bahia formuliert – mit Theorie und Philosophie der Architektur² auszustatten. Theorie versteht sich hier als Synonym für eine geplante Umsetzung, als Grundlage für architektonische Problemlösung und Philosophie als Auffassung von der Welt bzw. in diesem Zusammenhang, als über die Geschichte veränderte Auffassungen von Architektur. Bo Bardi definiert auch die Persönlichkeit des Architekten sehr genau: […] the architect is a qualified worker who knows his job, not only practically but also theoretically and historically. He has a precise awareness that humanity is not restricted, but partakes of the individuality of others and of nature.³ Betrachten wir den Architekten doch einmal als Spezialisten, was auf den ersten Blick wiedersprüchlich kling, da gerade das Bild des Generalisten vermittelt wurde. Trotzdem ist der Architekt eben auch ein Spezialist, und zwar, selbst wenn es sich banal anhört, für Architektur, er ist nicht einfach durch eine seiner Profession nahe stehende Figur ersetzbar. Gleichzeitig stehen wir vermehrt äußerst komplexen Aufgaben gegenüber, die nach einer Bearbeitung, natürlich auch über die Qualifikationen eines Architekten hinaus, verlangen. Es ist deshalb auch eine Vernetzung zwischen den Professionen bzw. Fakultäten bereits während des Studiums verstärkt anzustreben, stellt es doch später eher die Norm dar. Wir brauchen in der heutigen Welt mit ihren vielfältigen Herausforderungen Orte, an denen über Ethik, Wirklichkeit, Nachhaltigkeit sowie Wertekonsens nachgedacht und wo wissenschaftlich an der Beantwortung von Zukunftsfragen geforscht wird.⁴ Die Intention der Architekturuniversität kann also nicht sein, Ideen auf Markreife hin zu trimmen, sondern aus gemeinsamen Interesse an einem Thema zu forschen, zu experimentieren, zu hinterfragen und zu diskutieren. Dazu ist es nötig den Intituten gewisse Selbsverwaltung und Unabhängigkeit einzuräumen und auch Studenten, als mündiges Mitglied der Universität, in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen. Jedem Einzelnen die bestmögliche Ausbildung anzubieten muss das erklärte Ziel der Universität sein, ein fünfjähriges aufeinander aufbauendes Studium, mit einem Notausstieg nach drei Jahren. Am Ende geht es auch darum, dem Studenten den Glauben an die Architektur zu vermitteln, ihn zu infizieren und auf die Suche zu schicken. Weil ein Leben ohne Abwechslung, ohne Spannung, ohne Ambivalenz furchtbar fad wäre. Ich glaube fest an die aktivierende Kraft der Architektur.⁵


¹ Dung Ngo, ed., Louis I. Kahn Conversations with Students (Houston: Architecture at Rice Publications, 1998), 32.

²,³ Olivia de Oliveira, Lina Bo Bardi. Orba construida. Build work, (Barcelona: Editorial Gustavo Gili, 2002), 212.

⁴ Prof. Dr. Christian Scholz, „Der klammheimliche Verzicht auf Universitäten,“ Deutschlandradio Kultur. Politisches Feuilleton vom 7.3.2011, http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1403623http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1403623, Zugriff am 3 Oktober 2011.

⁵ Hanno Rautenberg, Worauf wir Bauen. Begegnungen mit Architekten, (München: Prestel Verlag, 2008), 23. [Kommentar von Cecil Balmond]

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Aus dem Leben eines Architekturstudenten


Wenn ich Studienkollegen frage, was das Leben des Architekturstudenten beinhaltet, dann folgen meist die gleichen Antworten. Durchgearbeitete Nächte – man ist fortwährend mit Abgaben beschäftigt – es gibt kaum Zeit, Dinge zu hinterfragen – Termine einhalten – einfach nur noch fertig werden – alles gleichzeitig – keine Freizeit – drucken – Modell bauen – Nächstes – …

Zu Beginn ist das die oberflächliche Antwort, besonders gegen Semesterende. Hat man die Zeit sich näher zu unterhalten, bekommt man ein besseres Bild davon, was den Studenten beschäftigt. Ihm gefällt endlich das zu studieren, was er möchte. Er hat ein breit gefächertes Spektrum an Instituten mit Schwerpunkte, dass ihm freie Wahl der Lehre bietet, um sich eingehend mit Themen zu beschäftigen. Die Möglichkeit sich selbst zu organisieren wird jedoch durch verpflichtende Wahlfächer eingeschränkt. Als Student möchte man Dinge ausprobieren, Neues herausfinden und viele Fragen stellen und auch Antworten erhalten, doch bald gelangt man an dem Punkt, dass es an Information mangelt, wenn diese nicht in Fachbüchern stehen. Praktische Fragen, die keiner hören will, wohin damit? Intellektuelle Fragen die zu stellen man nicht ermutigt wird. Mitstudenten geben oft nur dasselbe erratische Wissen wieder, dass man ohnehin von Vorlesungen, Seminaren, Workshops, Lektüren, Zeitschriften, Dokumentationen, und vom Internet zusammengekratzt hat. Kollegen, die im selben Interessengebiet forschen, sind auf der Universität schwer zu finden. Man läuft sich zu selten über den Weg, um sich auszutauschen oder etwas von der Arbeit und den Interessen anderer mitzubekommen. Einzig und allein die Zeichensäle ob nun öffentlich oder privat bieten momentan einen autonomen Hafen des Austausches und gemeinsames Erarbeiten von Erkenntnissen. Man schlurft durch die leeren, kaiserlich-königlichen Gänge, vorbei an verschlossenen Türen, hinter denen ständig streng geheime Dinge von höchster Wichtigkeit vonstatten gehen. Dort wird wohl das Wissen gehortet. Doch findet man nach 5 Jahren endlich auf Anhieb den richtigen Raum, stellt man fest, dass er leer ist. Weit und breit kein Lehrkörper. Stöbert man durch die unbenutzten Räume der Institute, findet man sogar Assistentsprofessoren, die nur bereits gedrucktes Wissen wieder geben. Falls man doch einen der raren, noch lebenden Professoren trifft, wollen sie sich zu keiner klaren Aussagen durchringen und relativieren alle Sichtweisen.

Wo bleibt da das Wissen der Architektur? Ist es nur noch als Rätsel in gebauter Form zu finden? Von einem Studenten wird gefordert, die architektonische Aussage des Gebauten zu erkennen und politische oder private Hintergründe auszublenden. Wieso ist das Wissen über die Architektur nicht in reiner Form auf der Universität zu finden?

Auf der Suche nach Unausgesprochenem und Ungeschriebenem zu sein, wird einem Studenten gar nicht erst zugetraut. Die wenigen, die bereits auf dieser Suche sind, finden keine Anlaufstelle. Die Möglichkeit, sich gegenseitig weiterzubilden erstickt in Nichtigkeiten, des alltäglichen Lebens eines Architekturstudenten.

Wäre es nicht wünschenswert länger auf der alten Technik zu verweilen, um dort mit dem Lehrkörper frei Gedanken auszutauschen, anstatt zuhause im kleinen Kämmerchen stupide Pläne zu zeichnen?

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Studieren in einer globalisierten Welt


Wie sieht das Studieren im 21. Jahrhundert aus? In einer Welt, in der jeder Arbeitsplatz, ganz gleich ob privat oder beruflich, mit jedem anderen digital verbunden ist. Schon in der Zeit auf dem Weg zum Arbeitsplatz wird über mobile Geräte der Zugang zu allen virtuellen Räumen ermöglicht. Im postfordistischen Zeitalter in dem keine klaren Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit erkennbar sind, nimmt man nicht nur die Arbeit gedanklich mit in den Schlafraum.

Doch was bedeutet es örtlich ungebunden zu studieren? Im Ausland studieren ohne die Wohnung zu verlassen oder die heimische Universität im Ausland zu absolvieren, wird über das Fernstudium in diversen Studienrichtungen angeboten. Die Wahlfächer auf jeder Universität besuchen zu können und sich dadurch in Bereiche zu spezialisieren, die nur auf bestimmten Universitäten möglich sind, um das Wissensspektrum überregional, über Landesgrenzen hinweg zu erweitern. Natürlich klingt das nach etwas erstrebenswertem, doch das ist im Architekturstudium immer noch Zukunftsmusik. Die Hürden der Anwesenheit, die sprachlichen Barrieren und viele organisatorischen Hindernisse halten diese Möglichkeiten weiterhin auf Abstand. Wir sind aber auf dem richtigen Weg, die momentanen Austauschprogramme und Kooperationen bieten dies in beschränkter Weise an, werden aber nur zu 50% genutzt. Erasmus ist ein weitbekanntes Programm, jedoch gäbe es noch viele weitere Möglichkeiten beispielsweise über Diplomarbeiten und Forschungsprojekten mit anderen Universitäten vernetzt zu arbeiten. Das E-Learning Angebot auf der Fakultät ist bei weiten noch nicht ausgeschöpft, um zeitlich unabhängig Lehrveranstaltungen zu absolvieren. Ein Austausch von Lehrinhalten zwischen den Architekturfakultäten weltweit könnte das E-Learning Angebot wesentlich erweitern. Die organisatorischen Änderungen der letzten Jahre im Architekturstudium scheinen auf den ersten Blick überhaupt keine Veränderung zu bewirken. Dass die Lehrveranstaltungen anders heißen und diese an andere Semesterreihenfolge zugeordnet sind, erhöht keines Falls die Qualität der Lehrinhalte und die der Bediensteten. Die organisatorischen Änderungen führen aber zu einem etwas ausgeglichenem, vergleichbareren Mittelweg, die zu einem globalisierten System führen. Angenommen dieses Ziel wäre erreicht, globalisiert zu studieren, wo bliebe da der Reiz woanders zu studieren? Gäbe es überhaupt noch unterschiede zwischen den Universitäten? Würden wir dadurch eine unterschiedliche Ausbildung für jeden einzelnen gewährleisten? Wenn in dieser postfordistischen Zeit es keine lokalen Unterschiede mehr gäbe, dann könnten wir neue Herausforderungen annehmen. Die Einzelperson ob Lehrender oder Studierender wäre in der zentralen Rolle. Die Unterschiede von Temperament und Kreativität würden mehr zu Geltung kommen. Dies würde zur Folge haben anders als früher zu studieren.

Wären Sie überrascht zu erfahren, dass der Professor mit dem komödiantischen Talent und dieser Eremit, der ein Leben des Geistes führt, ein und dieselbe Person sind? Vielleicht nicht, wenn Sie bedenken, dass wir uns alle je nach Situation verschieden verhalten. Aber wenn wir zu solcher Flexibilität in unserem Verhalten imstande sind, ist es dann überhaupt sinnvoll, die Unterschiede zwischen Introvertierten und Extrovertierten herauszuarbeiten? Ist die Vorstellung von Intro- und Extrovertierten selbst vielleicht eine zu platte Dichotomie: der Introvertierte ein weiser Philosoph, der Extrovertierte ein furchtloser Anführer, der Introvertierte ein Poet oder Spitzenwissenschaftler, der Extrovertierte ein Enthusiast oder Anführer? Haben wir nicht alle ein bisschen von beidem?¹

Haben wir immer noch die Angst eine Idee auszusprechen und diese uns dadurch hindert größere Schritte zu wagen? Haben wir solche Angst davor Anerkennung zu verlieren, Angst vor Benotung und Kritik? Man bezieht sich lieber auf bewährtes und auf vergleichbare Referenzen, die einem seine Meinung bekräftigen, wie dies auch in der Wirtschaft vorzufinden ist. Auf der Architekturfakultät sollte man lieber potenzielle, begabte und motivierte Studenten fördern, wie auch an anderen Universitäten Studenten abgewerben.

Unsere Kultur hat eine Tugend daraus gemacht, nur extrovertiert zu leben. Wir haben die innere Reise, die Suche nach der Mitte, geächtet. Deshalb haben wir unsere Mitte verloren und müssen sie wieder finden.²

Im Jahre 1963 veröffentlichte Marvin Dunnette eine Studie³, die gezeigt hat, dass zur Ideenfindung Brainstorming gar nicht effizient ist. Das einzelne in der Gruppe sich eher zurück lehnen als sich aktiv zu beteiligen. Später wurde klar, dass 3er Gruppen besser als 4er Gruppen arbeiten und dass 2er Gruppen am effizientesten zu kreativen Ergebnissen kommen. Die große Überraschung war, dass es bei virtuellen Räumen genau umgekehrt war, da jeder allein vor dem Schreibtisch sitzt, konnte jeder einzelne auch in großen Gruppen seinen Beitrag liefern, weil sich jeder auch selbst die Zeit zwischen Überlegen und Kommunizieren einteilen konnte.

Wenn Zeitmanagement die größte Herausforderung bleibt, sollten wir dafür eigene Kurse belegen? Die Grenze wäre der Burnout, der zum globalen Krankheitssymptom anwächst. Wir sollten das Thema Burnout in den Lehrplan aufnehmen und uns ein Semester lang damit beschäftigen. – Selbstfindung –

Gedanklich überall auf der Welt zu sein, damit einhergehend hat dies zur Folge, dass die physische Position unsers Körpers, irrelevant wird. Was wäre ausschlaggebend, wenn wir beruflich örtlich unabhängig wären? Würde sich der Stellenwert der Familie und Freunde ändern? Wie verändert sich unser Leben, wenn der Kontakt zum Beispiel zu Arbeitskollegen nur noch selten von Angesicht zu Angesicht besteht? Es hat zur Folge, dass alle Bereiche des Lebens miteinander verschmelzen.

¹ Susan Cain, Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt, (München: Riemann Verlag, 2011), 313.

² Anais Nin, zitiert in:  Susan Cain, Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt, (München: Riemann Verlag, 2011), 405.

³ Marvin Dunnette, The effect of group participation on brainstorming effectiveness for 2 industrial samples, (Journal of Applied Psychology, 1963), Vol 47(1), 30-37.

⁴ Hans Jürgen Eysenck, Genius: The Natural History of Creativity, (Cambridge University Press, 1995)

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Die Universität in der neoliberalen Welt


Die Selbstregulierung des Marktes und der Rückzug der öffentlichen Hand aus vielen Bereichen der sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung, sowie der Druck der privaten und multinationalen Konzerne, unter deren Einfluss die Politik ihre Entscheidungen trifft, hat wohl auch in Österreich ihre Spuren hinterlassen. Die große Privatisierungswelle vieler Unternehmen in den letzten 20 Jahren, greift nun auch auf das Bildungswesen über. Allen voran die USA und im Schlepptau Großbritannien und Asien strukturierten ihre Universitäten um, um sie international marktreif zu machen.

Aber was sind die Merkmale der neoliberalen Universität und wie sind die Universitäten marktreif geworden?

Die Universität verhält sich, aus neoliberaler Sicht, genauso wie eine private Firma, ein Unternehmen, dessen oberste Priorität es ist Kapital anzuhäufen und ihre Produkte und Dienstleistungen einem möglichst breiten Markt zur Verfügung zu stellen. Dabei muss sie natürlich effizienter agieren als die Konkurrenz. So sind auch Unis, ob nun privat oder öffentlich, Unternehmen, welche Wissen schaffen und dieses im stetigen Wettbewerb an den Mann (Studenten) bzw. Kunden bringen müssen. Alex Callinicos schreibt in seinem Text über die Universität in der neoliberalen Welt: „… governments must slavishly follow the whims of big business“¹

Demnach involviert Wettbewerb Gewinner und Verlierer, nicht jede Uni kann die Beste sein. Für den Verlierer bedeutet dies nicht gleich sein Institut zu schließen, aber eine Aufteilung von deutlich weniger Kapital an eine größere Menge von Angestellten und Studenten. Was zur Folge hat, dass die Uni sich ständig mit seiner Konkurrenz auseinandersetzen muss. „Wie produktiv und wettbewerbsfähig bin ich im Vergleich mit diesem oder jenem?“, lautet wohl einer der Leitsätze.

Das Management einer Hochschulunternehmung muss also Wege finden, wie sie billig ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten kann um einen höchstmöglichen Output dafür zu bekommen. Im Klartext heißt das: „.. teach a growing number of students and perform increasingly vital resarch as cheaply as possible.“²

Eine Universität muss neues Wissen und Technologien entwickeln und diese dann auch so schnell wie möglich vermarkten um im Wettbewerb zu bestehen. Demnach gibt es auch bei uns an der TU Graz Forschungskooperationen mit anderen Universitäten, die damit klar und offen arbeiten. Oder auch Spin-off Unternehmen, die das produzierte Wissen am freien Markt verkaufen. „Universities should become not just centres of teaching and research but hubs for innovation networks in local economies, helping to spin off companies for universities, for example. Universities should be the open-cast mines of the knowledge economy“.³ Es geht also um den „resarch output“ einer Universität. Dafür wurden internationale „performance indicators“ entwickelt, die Aussagen über eine gute und schlechte Uni machen soll. Das internationale Ranking wird natürlich angeführt von den neoliberalsten Universitäten der USA.

Die Universitäten müssen so günstig wie möglich größer werden, um die enorme Masse an Studenten aufnehmen zu können. Damit nicht genug, muss sie auch im internationalem Wettbewerb bestehen und besseren Wissensoutput liefern. Gleichzeitig steigt die Studentenzahl an den Universitäten ungleich proportional zur Geldmenge, die aus öffentlicher Hand zur Verfügung steht. – Wie soll jedem einzelnen noch qualitativ hochwertiges Wissen vermittelt werden, wenn der Fokus der Unis wo anders liegt? – Oft werden Akademiker nur noch angestellt, um schnell Wissen zu produzieren und zu publizieren, der output wird dabei als qualitativer Messwert behandelt. Dafür wurde das weit bekannte „peer review“ eingeführt, d.h. eine große Zahl anonymer Akademiker aus dem selben oder ähnlichen akademischen Feld bewertet die Arbeit bevor sie publiziert wird. Damit sich die hoch angesehenen Professoren und Wissenschaftler darauf konzentrieren können, stellen sie ihre Lehrtätigkeit hintan und überlassen sie meist „billigeren“ Assistenten. So Callinicos: „Academics try to „buy themselves out“ of the heavy burden of teaching and administration by winning research grants. When they are successful, their teaching will be taken on by a teamporary replacement or buy a postgraduate teaching assistant.“⁴ Diese Professoren (meist internationale) bekommen natürlich ein überdurchschnittlich hohes Einkommen und müssen nicht Unterrichten oder sich mit lästiger Administration herumschlagen.

Administration

Große Entscheidungen werden nur mehr von Topmanagern oder exklusiven, universitären Gremien gefällt. Die breite Masse der Studenten bzw. Angestellten haben kaum Mitspracherecht und müssen die Änderungen Stück für Stück schlucken. „The logic of competition implies centralised management. Getting rid of uncompetitive departments and staff and demanding higher productivity from the rest can’t easily be done by democratic debate and decision-making. Power needs to be concentrated in the hands of top managers who are suitably rewarded for enforcing the necassary policies on the workforce.“⁵ Entscheidungen werden also meist auf der Basis von wirtschaftlichen Faktoren getroffen und nicht aufgrund intellektueller Werte! Die Macht der Universität ist konzentriert in einem Manager (Rektor) er entscheidet über Leben und Tod einer Person bzw. eines Institutes, einer Fakultät oder sonstigen universitären Einrichtung.

Im Druck des internationalen Wettbewerbs hatte dies auch Auswirkungen auf die soziale Marktwirtschaft Österreichs und so auch auf die Universitäten des Landes.

Die schlechte Qualität der Bildung

Der Student als Konsument von Wissen

Das Leben des Studenten, Wege und Voraussetzungen zum Wissenskonsum

Das geänderte Bild des Studenten in der neoliberalen Universität

„the burden of teaching“

„pursuing ‘knowledge for its own sake’ as the core activity of staff … students have been downgraded in favour of education for business needs; and staff pay […] and studying conditions and finance for students have all been under attack.“⁶

Gott sei Dank hat die aktuelle Regierung die Studiengebühren abgeschafft, die Frage ist nur: Wie lange die Universitäten ohne weitere Finanzspritzen auskommen können? Eines ist fix: Die Staatskassen sind leer. Die Studentenzahl steigt. Die Investoren aus dem privaten Sektor bleiben großteils aus und wenn sie zahlen, verfolgen sie sowieso nur eigene Interessen, bei Investitionen an der Universität zum Beispiel für ein spezifisches Forschungsprojekt. Spenden aus privater Hand an öffentliche Hochschulen sind bei uns rar.

Demnach müssen auch bald in Österreich die Studenten für höhere Bildung zahlen. Allen einen gleichen sowie fairen Zugang zur Universität zu ermöglichen, ist dann nicht mehr möglich. Jedoch versucht der noch vorhandene Sozialstaat dabei einzugreifen, aber bei weitem nicht jeder bekommt die Studiengebühren erstattet. Mit und ohne Studiengebühren, müssen viele Studenten einer teilweisen Erwerbstätigkeit nachgehen um ihr Studium und Leben finanzieren zu können. Deswegen braucht der Eine oder Andere oft auch länger und da er sich nicht voll auf das Studium konzentrieren kann, hat dies auch Auswirkung auf die Qualität. Viele machen nur das nötigste und das sogar schlecht. Um sich eingehend mit seinem Studium und damit verbundenen Themen beschäftigen zu können braucht es die volle Zeit des Studierens.

Das Bild der Universität ist heutzutage oft jenes, dass es nur darum geht brav willige Arbeiter am Fließband zu produzieren, die auch nach ihrem Studium weiter folgsam billig Güter und teure Bildung konsumieren. Zum Beispiel die Institution Lifelong Learning. Nicht auch eine Ausgeburt des neoliberalen Bildungswesen?

Es stellt sich vielen die Frage, warum man überhaupt noch studieren soll. Um bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu haben? Um später viel zu Verdienen? Um philosophisch, sozial oder wirtschaftlich einen erweiterten Blickwinkel für sein Leben zu erhalten und für die Gesellschaft verantwortlich zu handeln? Wohl kaum! Die meisten hoffen zwar darauf, aber die Realität sieht meist anders aus. Eine Hand voll wird sehr wohl in lukrativen Entscheidungspositionen ihren Platz finden. Aber die Masse sicher nicht!

Bei den Studentenprotesten der letzten Zeit fällt auf, dass oft nur gegen Einzelaspekte rebelliert wird, aber in Wirklichkeit das Problem viel höher liegt. Nämlich am System der neoliberalen Universität.

Also lasst uns gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen, damit wir alle das gleiche Recht auf hochwertige Bildung erhalten. Entscheidungsprozesse im Bereich der Uni müssen demokratisiert werden, damit wir alle gemeinsam, Lehrende und Studierende, daran gestalten können.

¹ Alex Callinicos, Universities in a neoliberal World (London: Bookmarks Publications, 2006), 15.

² Alex Callinicos, 11.

³ C Leadbeater, Living on thin air (Penguin Books Ltd., 2000), 114.

⁴ Alex Callinicos, 18.

⁵ Alex Callinicos, 21.

⁶ Glenn Rikowski, Review on: Universities in a neoliberal world, http://www.flowideas.co.uk

http://www.flowideas.co.uk/?page=articles&sub=Universities%20in%20a%20Neoliberal%20World, zugriff am 02.10.2011

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